SM 2001 Montricher
Von Richi Hächler, Teilnehmer Standard-Klasse
Der Wettbewerb
Vom 23. Mai bis zum 1. Juni fanden in Montricher die Schweizermeisterschaften 2001 statt. Bei hervorragenden Verhältnissen wurden acht Wertungen geflogen. Bei Distanzen um 300 km und hohen Geschwindigkeiten war Spass angesagt. Die Standard-Klasse hatte mehrheitlich Aufgaben im Jura zu fliegen. Meteomässig war jedoch immer für Abwechslung gesorgt. So waren die ersten Flüge noch mit Basen unter 2000 zu bewältigen und der sechste Flug bei Blauthermik.
Die Aufgaben der Standardklasse
Tag | Aufgabe | km | kmh |
1 | Vaulion - Belchentunnel - Bière | 286 | 97.7 |
2 | Cat’s Cradle | - | - |
3 | Abbaye - Fort les Rousses - Waldenburg - Bière | 342 | 116 |
4 | Le Pont - Morez - Les Verrièrier - Vue des Alpes - Bière | 356 | 106 |
5 | Abbaye - Morez - Court - La Sarraz | 255 | 125 |
6 | Vaulion - Weissenstein - Chasseron – Dombresson - La Sarraz | 300 | 81 |
7 | Vaulion - Klus - Escholzmatt - Col du Pillon - Cossonay | 320 | 112 |
8 | Le Pont - Fort les Rousses - Lostorf - La Sarraz | 352 | 104 |
Flug Sieben
Am siebten Tag wurden auch wir von der Standard-Klasse endlich via Napf in die Voralpen und Alpen geschickt. Der 320 km-Flug Vaulion - Klus - Escholzmatt - Col du Pillon – Cossonay wurde von den schnellsten in wenig mehr als drei Stunden erfüllt und nach der Ankuft in Montricher um vier Uhr war genügen Zeit für ein Bier. Ein gelungener Einstieg sowohl ins Napfgebiet als auch ins Simmental war wie üblich entscheidend. Dabei ist Geduld sowohl beim eigentlichen Einstieg selbst, als auch beim Steigen in die notwendigen Höhe im vorherigen Gebiet angesagt. Wer im Jura nicht die maximal mögliche Höhe machte, vermisste diese schon beim ersten Cumuli, welches kein oder zu wenig Steigen brachte. Wegen des ansteigenden Geländes und den mikrigen Aussenlandemöglichkeiten mussten einzelne ein Stück zurückkehren und/oder gar Aussenlanden. Für die Glücklichen und Geduldigen, die den Einstieg schafften, brachte einem der Aufwind am Sigriswiler Grat auf 2550 Meter. Damit konnte man über den Thunersee und der Niessenkette entlang bis zu den Spilgerten ohne Kreis fliegen. Hier wurde man in kurzer Zeit auf rund 3000 Meter gehieft. Dies reichte fast schon aus für einen gemütlichen Endanflug über die verbleibenden rund 100 Kilometer. In den Freiburger Voralpen tankten wir dann noch 300 Extra-Meter. Eine tragende Linie entlang dem Genfersee erhöhte die Reserve ins unerträgliche (300 Meter bei McReady 4.0).
Die SGL
Die SGL war mit vier Piloten an dieser SM vertreten: Roderick Read (3L) in der 15m-Klasse, Dieter Mühlethaler (XL), Mark Käppeli (KCK) und Richi Hächler (7L) in der Standard-Klasse. Wie wir abgeschnitten haben, entnehmt ihr bitte der sehr schön gestalteten Home-Page der SM. Es sei jedoch vorweggenommen, dass es zu keinem Podestplatz gereicht hat. Trotzdem wurden wir zur Kenntnis genommen. So bekam Roderick den Preis für die meisten Transportkilometer. Dieter hätte den Preis für die tiefste durchschnittliche Flughöhe erhalten, wenn es diesen gäbe. Zitat IKI: „Sollte es mal nicht so gut laufen, so fliegen wir da unten mit XL“. Ich war bekannt für unglaublich gute Schläuche genau dann, wenn es am dringensten nötig war. Weiteres Zitat IKI: „Wie kann einer so langsam sein, der immer so tolle Bärte auftreibt“.
Wie wird man schnell
Ob man schnell ist oder nicht, hängt nicht in erster Linie davon ab, wie schnell und bis in welche Tiefe man vorfliegt, sondern von der Gleitzahl, die man dabei erzielt und von der Stärke des Aufwinds, den man danach annimmt. Die Gleitzahl ist eine Frage der tragenden Linien, der Aufwind sehr oft eine des Zufalls. Während der SM haben verschieden Piloten ihre Rezepte preisgegeben (z.B.: „In drei Metern Kreise ich immer, wenn ich noch nicht an der Basis bin!“ oder „Ich kreise nie, wenn ich nicht tief bin und fliege durch Aufwinde mindestens 120 km/h!“). Ich habe einige davon ausprobiert und festgestellt, dass nicht alle gleichzeitig angewendet werden können. Auch ist nicht jedes Rezept für jede Situation gleich gut geeignet. Die Frage sollte daher lauten: „Wo verliere ich Zeit?“ Dazu fallen mir spontan zwei grundlegende Möglichkeiten ein: man ist zu optimistisch oder man ist zu pessimistisch. Zu optimistische Einstellung verleitet zu forschem Vorfliegen inklusive Auslassen guter Aufwinde und man findet sich bald in einer Situation wieder, in welcher die Sicherheit verlangt, dass man auch schwache Aufwinde annimmt. Die resultierenden Bodenübungen, beziehungsweise die dabei verlorene Zeit, kann in der Regel nicht wieder gut gemacht werden. Zu pessimistische Einstellung verleitet zur Annahme zu kleiner Steigwerte in zu grosser Höhe. Das durchschnittliche Steigen ist dadurch viel zu gering und der Zeitverlust gross. In beiden Fällen wird das Risiko einer Aussenlandung erhöht, wobei im ersten Fall gelegentlich ein Tagessieg herausschaut. Dieser wird übers Ganze gesehen nicht viel nützen, da statistisch gesehen die Aussenlandungen die numerische Überlegenheit besitzen. Letztendlich muss jeder seinen eigenen Weg finden um schnell zu sein. Ich möchte hier aber ein paar Grundregeln nennen, welche nicht auf meinem Mist gewachsen und sicherlich nicht vollständig sind. Mir haben sie aber eingeleuchtet.
Man soll
bis zu erlaubten Höhe schleppen
davon ausgehen, dass die Aufgabe erfüllbar ist
früh abfliegen (zu früher Abflug kann wiederholt werden)
Mitwind-Wendepunkte hoch nehmen
Gegenwind-Wenden tief nehmen
neues Gelände hoch anfliegen
Talquerungen hoch beginnen
Talquerungen senkrecht zum Tal
regelmässige pinkeln
regelmässige trinken
sich rechtzeitig mit der Wende befassen
Aufwinde verlassen, wenn sie nachlassen (ausser Endanflug)
beim Kreisen Kurs studieren (Wolken sind besser sichtbar von unten)
Man soll nicht
zu spät abfliegen (kann nicht wiederholt werden)
falsche Wendepunkte umrunden
lange im Abwind fliegen
ausserhalb Sektor/Zylinder wenden
ständig die Geschwindigkeit ändern
ständig den Kurses ändern
die Orientierung verlieren
zu sehr auf die Andern achten (bez. Taktik)
die gefällten Entscheide anzweifeln
aufgeben
Aussenlanden
Flugsicherheit
Die Kollisionsgefahr ist in Wolkennähe und im Pulk am grössten. Im Pulk sind plötzliche und grosse Änderung des Bewegungsvektors eine der grössten Ursachen für Kollisionen und trotzdem an der Tagesordnung. Besonders beim Einfliegen in die Thermik können oft abenteuerliche Manöver beobachtet werden, bei welchen der Pilot nicht mehr genügen mentale Leistung übrig hat, um alle anderen Flugzeuge im Auge zu behalten. Dazu kommt, dass die Piloten welche schon im Aufwind kreisen wenig auf einfliegende Flugzeuge achten und selbst wenn, ist der Flugweg der so kunstvoll einfliegenden Flugzeuge nicht vorhersehbar. Mein dringender Rat in diesem Zusammenhang:
Beim Einfliegen in Aufwinde die Geschwindigkeit rechzeitig abbauen und ohne grosse Ruderausschläge eindrehen. Während dem Kreisen nur behutsam korrigieren. Die anderen Piloten sollen eine Chance haben, die Korrektur mitzumachen. Man muss sich bewusst sein, dass Kreisen im Pulk einem Verbandsflug gleich kommt.
Die Wolkenabstände müssen besser eingehalten werden. Knapp unter den Wolken ist die Sicht einfach nicht gut genug. Beim Geradeausfliegen sollte man immer wieder die Ausrichtung des Flugzeuges ein paar Grad ändern, damit Spiegelungen am Capotglas nicht ständig den selben Teil des Luftraumes abdecken.
Lufträume
Sowohl das Birrfelder RAL als auch die SM haben gezeigt, dass es absolut notwendig ist, sich bezüglich der benutzbaren Lufträume gut vorzubereitet. Einerseits ist es gefährlich, sich in Lufträumen zu bewegen, in welchem niemand mit einem rechnet und zweites sind Luftraumverletzungen mit GPS-Loggern leicht nachzuweisen und führen punktemässig zu frustierenden Resultaten. Meine Empfehlung:
Das Studium der Lufträume im Wettbewerbsgebiet ist Teil der Vorbereitung zum Wettbewerb. Vor jedem Flug sollten die Lufträume entlang der Aufgabe studiert werden. Normalerweise sind sie auf den Aufgabenblätter erwähnt. Unter- und Obergrenzen sowie eventuelle Aktivierungszeiten sollten genauso wie die Aufgabe selbst in den Kurzzeitspeicher aufgenommen werden und auf der Karte notiert sein.
Dank
Diese SM durfte ich auf der Gruppen-LS8 HB-3237/7L fliegen. Dafür, dass mir dieses feine Flugzeug zur Verfügung stand, möchte ich mich beim Vorstand und allen SGLerInnen herzlich bedanken. Ich bin froh, dass ich das Flugzeug in tadellosem Zustand übernehmen durfte und auch so wieder abgeben konnte. Ein speziellen Dank richte ich an meinen bewährten Rückholer Leo Caprez. Einmal mehr hat er seine Zeit geopfert, um die Eigenheiten eines Segelfliegers zehn Tage lang zu erdulden.