Bericht der Segelflugwoche im Juni 2003 auf dem Klippeneck
Das Lager Klippeneck nimmt traditionsgemäss bereits einige Wochen vorher seinen Anfang und zwar mit einem feinen Nachtessen bei Hugo zu Hause (Besten Dank, Hugo!). Jürg Keller, in seiner Funktion als Lagerleiter, versorgt uns dabei mit vielen wichtigen Infos zum bevorstehenden Lagergeschehen.
Freitag
20.06. (Reisetag)
Die Sonne stand schon tief am Horizont und der Himmel verfärbte sich purpur
rot, als unser Tross mit drei Anhängern das Klippeneck ohne Zwischenfall
erreichte. Nachdem wir die Anhänger parkiert und die Zimmer im Biserheim
bezogen hatten, schlenderten Jürg, Peter, Hugo, Ruedi und ich ins benachbarte
Klippenrestaurant und freuten uns auf einen Schlummertrunk und Imbiss.
Samstag
21.06.
Der Tag begann mit Einkaufen im talgelegenen Spaichingen und anschliessendem
Morgenessen an der Stehbar im Center, wo sich Marc Mäder, direkt von zu
Hause kommend, zu uns gesellte. Auf der Rückfahrt zum Klippeneck zeigten
uns Jürg und Marc das komfortable Aussenlandefeld bei Denkingen.
Am Nachmittag gings ans Montieren. Flugs hatten wir die drei Flieger zusammengestellt,
der Duo harzte zwar noch ein wenig, aber wir bekamen alles in den Griff, und
wir zogen die Segler auf dem kleinen Strässchen der 1400m langen Piste
entlang zum Startplatz. Ich war überwältigt von dem riesig grossen
Flugfeld, hatte es doch vier unabhängige Pisten, wo jeder der dort anwesenden
Vereine seine eigene Winde ungestört betreiben konnte. Es waren dann auch
an diesem Tag sage und schreibe 7 Winden und eine Robin Porsche zum Schleppen
bereit.
Jürg rief nun zum ersten ausgedehnten Briefing, welches er ganz unter das
Motto " Bist du gebrieft? und Safety first!" stellte. Meteo: Wolkenlos,
eher stabil, (aber doch etwas Wind für einen guten Windenstart).
So starteten Jürg und ich mit dem Duo zum ersten Flug auf der Klippe zur
Erkundung des für mich als "Neuling" ungewohnten Geländes.
In 1800m stiessen wir völlig unerwartet auf eine kleine Welle, welche an
der Inversion auf 2200m endete. Der längste Tag des Jahres wurde von allen
Teilnehmern ausgiebig genutzt, endete er doch erst mit der Landung von Jürg
um 19 Uhr. Nach einem wohlverdienten feinen Nachtessen im Landgasthof Bären
in Bubsheim gings dann gegen Mitternacht zurück ins Biserheim.
Unsere Flotte |
Campo beobachtet "Abchreisruum" |
Die DG1000 ist zu Gast |
Das Fahrwerk macht Eindruck |
Sonntag
22.06.
Mit dem selbst zubereiteten Morgenessen in der uns vom Hausverwalter zur Vefügung
gestellten Küche um 8 Uhr 30 - es gab Café complet mit allen Schikanen
- beginnt der aktive Tag.Meteo: "Leider noch keine zuverlässige Quelle".
Blau über den ganzen Tag, mit jedoch z.T. gut entwickelter lokaler Thermik.
Bis der Flugbetrieb losging, hatten wir Gelegenheit, den soeben aufgerüsteten,
neuen, hochbeinigen Doppelsitzer DG 1000 zu bewundern und eine Sitzprobe vorzunehemen.
Es war dann auch einfach ein Tag zum "Oben bleiben" mit sehr guter
Fernsicht bis hin zu den Alpen. Es kamen alle genügend zum Fliegen. Ruedi
Gautschi erreichte als einziger die Höhe von 3000m. Das Debriefing spielte
sich in der Gartenwirtschaft der Pizzeria San Marco in Spaichingen ab.
Nur für sportliche Piloten |
Praktische Details |
Für die rasante Steigflüge... |
...sorgte Otto unser Windenführer. |
Montag 23.06.
Beim gemeinsamen gemütlichen Morgenessen überlegten wir uns ernsthaft,
ob wir montieren oder einfach zum Posten nach Spaichingen fahren sollen. Marc
bemerkte, wir sind schliesslich zum Fliegen gekommen, also montierten wir! Meteo:
(Selbsteinschätzung) Am Morgen stark bewölkt, mit starkem Wind und
nachmittags ev. heftige Gewitter.
Jürg organisierte via Natel unseren persönlichen Windenfahrer Otto,
welcher auch prompt erschien. Ein Kuriosum beim Windenstart war, dass wenn Otto
mit dem umgebauten Mercedes Auszugsfahrzeug die beiden Seile brachte, er auch
gleich je sechs Euro kasssierte und dann zurück zur Winde fuhr.
Auf dem Klippeneck war diese Woche nicht viel los. Ausser drei älteren
Herren mit ihrem ASK 21 Akro und gelegentlich einer LS 3 oder sonst einem Gast
war niemand da, sodass wir den ganzen Flugplatz praktisch für uns allein
in Anspruch nehmen konnten. Wunderbar! Wir Birrfeldler können davon nur
träumen.
Der Duo und die LS 8 waren startklar und verschwanden nacheinander über
der Klippe.
Per Funk meldete Marc eine wahrhafte Picklerei und träumte dabei von einem
kühlen Weizenbier. Von Gewitter und Regen also keine Spur, sodass wir bis
um 19 Uhr fliegen konnten. Für Jürg gabs eine schöne Überraschung:
Gegen Abend entdeckte er eine Welle und konnte so bis zur Höhenbeschränkung
von 3000 m aufsteigen.
Das Nachtessen in der Lippachmühle, bei der Wirtin aus dem Wallis,
schmeckte uns nach diesem schönen Flugtag vorzüglich.
Ruedi Oppliger im E9. |
Jürg zeigt Sanna die Alb von oben. |
Der Platzwart beim Rasenmähen. |
Der Nachwuchs hilft auch schon mit. |
Dienstag
24.06.
Peter und Jürg hatten zum ersten Mal direkt ab Internet Wetterinfos aus
unserer Gegend (via Natel als Modem) aufs Laptop laden können. Viel versprechend
waren die vorausgesagten schönen Cumuli, wodurch erste Streckenflüge
realistisch erschienen!
Also montierten wir schleunigst und machten uns startklar. Marc wagte es kurz
vor Mittag als erster mit unserem Duo, landete aber bereits nach acht Minuten
wieder. Auch Hugo unternahm einen Versuch, er konnte sich eine Minute länger
oben halten! Unterdessen kamen Hannes Gantenbein und Barbara bei uns zu einem
kurzen Besuch vorbei. Hannes machte grosse Augen, als wir ihn kurzerhand in
die DG101 / E9 verpackten, und zu einer Platzrunde losschickten. Die Begeisterung
über den riesigen Flugplatz und die idyllischen Verhältnisse kamen
bei ihm voll zum Ausdruck. Vermutlich haben wir nächstes Jahr einen Teilnehmer
mehr auf dem Klippeneck.) Die Cumuli wurden am Nachmittag zusehends flacher
und flacher, bis sich schliesslich der Himmel vollends mit den von uns wenig
geliebten Schleierwolken überzog. Die Streckenfliegerei konnten wir für
heute vergessen, also vergnügten wir uns mit einigen Starts um den Platz
herum. Windentraining bei diesen humanen Preisen ist ja schliesslich auch nicht
alltäglich.
Ruedi Gautschi erledigte übrigens Tag für Tag den unliebsamen Bürokram
und informierte jeweils beim Nachtessen aufgrund der gespeicherten Daten in
den eingebauten LX 5000 über die geflogenen Stunden und Anzahl der Starts.
Zu Besuch in der Lippachmühle. |
Ein heimlicher Trinker outet sich! |
Sonnenuntergang auf dem Risiberg... |
... so schön, wie das Essen gut. |
Mittwoch
25.06.
Meteo: Am Morgen noch ziemlich trübe, gegen Mittag Bildung von Quellwolken,
im Verlauf des Nachmittags lokale Gewitter möglich. Nichtsdestotrotz hielten
wir uns im Startraum unter dem Sonnenschirm von Peter bereit und warteten gespannt
auf die weitere Wetterentwicklung. Gegen 13 Uhr sah es verlockend aus, und wir
begannen mit dem Flugbetrieb. Peter versuchte es mit dem Duo ein erstes und
ein zweites Mal. Leider vergebens. Er landete jeweils nach fünf bis sechs
Minuten wieder.
Bei der zweiten Landung hatte Peter jedoch etwas Pech. Der linke hintere Auslauf
der Graspiste steigt am Ende leicht an und ist sehr buckelig. Bei der Landung
kollidierte sein Kopf mit die Cockpit-Haube, welche auf einer Länge von
ca. 20 cm aufriss und.... aber lassen wir ihn über den Hergang selbst erzählen:
"Vor Thermikbeginn
bot sich jeweils die Gelegenheit, mit dem Duo Windentraining zu betreiben. So
beschloss ich, zwei Starts zu absolvieren. Marc spielte Ballast auf dem hinteren
Sitz. Bei der zweiten Landung passierte es: Nach dem Aufsetzen rollten wir über
eine Bodenwelle und mein Kopf machte Bekanntschaft mit dem Capot. Mit Schrecken
musste ich feststellen, dass mein Kopf wieder einmal härter war... Ich
ärgerte mich über mich selbst. Ausgerechnet jetzt musste dies passieren!
- Hätte ich doch... usw. Aber passiert ist passiert, musste ich leidiglich
anerkennen.
Meine grösste Sorge betraf die Flugtauglichkeit unseres Duos. Glücklicherweise
befand sich Wilhelm Salzmann auf dem Platz, eine bekannte Persönlichkeit
auf dem Klippeneck. Er begutachtete den Schaden und anerbot sich, die Reparatur
am Abend vorzunehmen. Er befand, dass man am folgenden Tag wieder fliegen könne
und die Flugtauglichkeit wieder gewährleistet sei. Das anschliessende Telefonat
mit dem Hersteller Schemp Hirth bestätigte die Aussage von Wilhelm - beruhigend.
Am Abend dann demontierten wir die Haube und brachten sie in den Hangar. Fachmännisch
ausgerüstet, mit Lampe, Dremel Rundfräser, Acryfix und Klebeband begann
Wilhelm mit der Reparatur. Interessiert beobachtete ich sein Werken und mir
wurde klar, dass dies nicht das erste Capot war, das er reparierte. Am anderen
Morgen dann konnten wir das Capot wieder montieren und - weiter fliegen. Wilhelm
sei Dank!"
Wie kam es zu diesem Zwischenfall?
- Gurten zuwenig straff angezogen.
- Benütztung zweier Kissen, um etwas höher zu sitzen.
- Zu hohe Aufsetzgeschwindigkeit, d.h. nicht sauber durchgezogen.
Was habe ich gelernt?
- Vor jeder Landung - Gurtencheck
- Durchgezogen aufsetzen
An dieser Stelle möchte ich meinen Lagerkollegen für das entgegengebrachte
Verständnis nochmals herzlich danken. Am Saisonende ist geplant das reparierte
Capot durch ein neues zu ersetzen. Ich bin bereits eifrig am Sparen!
Nach mehreren
erfolglosen Starts legten wir eine Pause ein. (Die Ausklink-Höhe war alles
andere als komfortabel, erreichten wir doch bei nahezu Windstille nur gerade
300m) Marc startete dann ein weiteres Mal und konnte nun mit der LS 8 ein vom
Platz entferntes Cumuli erreichen. Er blieb 1 h 34 oben.
Ruedi Gautschi versuchte es nach 17 Uhr und konnte sich bis zum Ende vom Flugbetrieb
um 18 Uhr halten.
Hugo zog es heute vor, uns mit der Bodenstation als "Klippeneck Info"
zur Verfügung zu stehen. Die fliegerische Ausbeute war nicht gerade rekordverdächtig,
es kamen aber mit ein paar Windenstarts alle Interessierten zum Fliegen. (Auch
wenns nur eine Platzvolte gab.)
Der heutige Tag gab viel zu reden, stand er doch ganz im Zeichen vom defekten
Capots. Doch das gute Nachtessen in einem schönen Landgasthof im Tal unten
half über vieles hinweg. Übrigens: Als Gast erschien am Abend Jürg's
Freundin Sanna, welche dann bis zum Lagerschluss blieb und im Duo mit Jürg
die schöne Landschaft von oben geniessen konnte.
Willhelm "Salzmann" repariert ... |
... den Sprung in der Schüssel ... |
... respektive in der Haube unseres Duos. |
Donnerstag
26.06. (Einziger guter Streckenflug - Tag)
Meteo: Schwaches Hoch mit flacher Druckverteilung, gegen Abend lokale Gewitter.
Nach dem der Deckel gegen Mittag weggezogen war, bauten sich im Blauen relativ
rasch kräftige Kumulanten auf, sodass Peter und Marc den schon lange vorbereiteten
Ziel-Rückkehr-Flug (mit Verlängerung) antreten konnten. Sie starteten
um 14 Uhr 14 gemeinsam im Duo mit dem Ziel Blaubeuren retour. Die Thermik war
nach ihren Angaben sehr kräftig und zuverlässig. Weils so gut lief,
verlängerten sie noch nach Donaueschingen und landeten glücklich um
17 Uhr 11 wieder auf dem Klippeneck. Die geflogene Strecke ergab eine beachtliche
Distanz von immerhin 220 km. Bravo! Jürg, Ruedi Hugo und ich kamen fliegerisch
ebenfalls auf unsere Rechnung: Wir erkundeten mehr oder weniger die nähere
Umgebung.
Unterwegs auf der Alb ... |
... in Richtung Blaubeuren. |
Freitag
27.06.
Der letzte Flugtag stand bevor. Den wollten wir natürlich alle fliegerisch
noch intensiv nutzen. Die Meteo versprach am Morgen bereits schöne Cumuli,
leider mit rascher Überentwicklung, und bereits am frühen Nachmittag
heftige Gewitter.
Wir starteten kurz vor Mittag und genossen die herrlich entwickelte Thermik,
welche uns zum Teil mit bis zu 4m/s in die Höhe trug. Von Norden her näherte
sich der Klippe langsam eine dunkle Wand, welche nichts Gutes erahnen liess.
Aufmerksam verfolgten wir das Geschehen, segelten aber noch vor der Gewitterfront
in einer schwachen thermischen Welle auf 2350m weiter. Doch plötzlich zuckten
neben uns Blitze nieder. Das war das unwiderrufliche Zeichen zur Rückkehr,
wollten wir doch noch vor dem einsetzenden Gewitterregen landen. Also nichts
wie Bremsen raus und möglichst rasch zum Abkreisraum. Anschliessend landeten
wir direkt vor den Anhänger. Kaum war Ruedi Gautschi als letzter gelandet,
prasselte schon heftig der Regen auf unsere drei Segler nieder. Zum Glück
fielen keine Hagelkörner!
Ans Verräumen war vorerst nicht zu denken, also suchten wir in unseren
Autos Schutz, bis das Unwetter weiter zog und die Sonne sich wieder zeigte.
Jetzt gings zügig ans Abledern, Trocknen und Verräumen sowie Bereitstellen
für den morgigen Transport nach Hause.
In der Lippachmühle feierten wir am Abend ausgiebig zusammen mit unserem
Windenführer Otto und seiner Frau die unvergesslich schönen Tage hier
auf dem Klippeneck.
Der Regen ist nicht mehr weit. |
Die Waschanlage in Betrieb. |
Abledern muss man noch von Hand. |
Samstag
28.06.
Am Morgen nach dem Frühstück erledigten wir bei der Flugplatzchefin
"Puschi" noch das Finanzielle. Nach kurzer Einkehr im Gartenrestaurant
auf der Klippe bewegte sich unser Tross in Richtung Birrfeld. Marc liebäugelte
zwar noch damit, den Duo heim zu fliegen. Die hohe Feuchte ergab aber eine sehr
tiefe Basis mit schlechter Sicht, sodass er sich entschloss, mit dem Auto heim
zu fahren.
Fazit:
Total, inklusive der privaten DG, durften wir 61 Windenstarts, 74 Flugstunden
und einen ansehnlichen Streckenflug verbuchen. Das war ein tolles Erlebnis,
sowohl in fliegerischer, kameradschaftlicher, und natürlich auch in kulinarischer
Hinsicht.
Klippeneck, wir kommen wieder!
Ruedi Oppliger