St. Auban - Sommerlager 2003
Die
Gewissheit festigt sich Jahr für Jahr: Es gibt einen Stamm von Leuten, die
sich ein Segelfliegerleben nicht mehr vorstellen könnten
ohne einen Sommeraufenthalt in der sonnenreichen und lichterfüllten
Haute-Provence. St-Auban, am Fusse der Südalpen, ist hier bereits vorgestellt worden. Dieses
Zentrum des französischen Segelflugverbandes ist mit dem, was es an Infrastruktur
und an fliegerischen Möglichkeiten zu bieten vermag Topklasse und allererste
Wahl. Kein Wunder, hat es unser Sportchef im Rahmen des Kranich-Wettbewerbes
zu einer der offiziellen SGL-Basen erklärt.
Unsere Provence-Basis von oben. Die
Achse Süd-Nord liegt in der Diagonalen von unten
links nach oben rechts.
Auf dem riesigen Areal ist das Netz
von Mini-Pisten gut zu sehen (für das Birrfeld Zukunftsmusik). Es können gleichzeitig
2 solche Pisten in Betrieb sein.
Oben Mitte rechts der Campingplatz,
am Weg zu den weissen Hangardächern die 2 Hauptgebäude
mit Empfang, Administration, Briefingsälen, Météo-France,
Kantine und selbst Gästezimmern.
Unten rechts bei der hellen Piste die
Hangars Ost.
Ganz im Vordergrund ist das Bett der
Durance erkennbar. Ihm folgt die Bahnlinie am Fuss des bewaldeten Steilhangs zum Plateau hinauf (diesen
bei Mistral-Landung nicht überfliegen!).
Mitte rechts am Rand ist noch knapp
der Bahnhof erkennbar.
Es
waren 13 Piloten (2 weitere kamen später dazu), die am Morgen des 27. Juli
im Birrfeld frohgestimmt die Fahrt nach Süden antraten mit insgesamt sieben
Einsitzern an den Anhängerhaken, dazu kam noch der grosse Doppelsitzer von
Piloten beim Frühstück und am Flugzeug.
Im Campingareal ist viel Platz, die Behausungen sind weit auseinander. Trotzdem
sind wir unter uns.
Am
Montagmorgen begab man sich zunächst etwa ab 9 Uhr an die Empfangs-Theke im
Hauptgebäude zur Einschreibung. Hélène, die auch gut Deutsch sprechen kann,
erledigte die Formalitäten speditiv auf Grund unserer
bereits vorher eingesandten Anmeldeformulare. Hier begegneten wir auch gleich
Alois Bissig mit seiner Nidwaldner Gruppe. Wir waren demnach nicht die einzigen
Tellensöhne auf dem Platz.
Im Grossen Auditorium vor dem Briefing
Heiss brennt
schon die Morgensonne beim Montieren
Nun
begannen zwei ganz ausserordentliche Flugwochen.
Noch heute kann man begeisterte Frankreich-Fans mit kräftigen Ausdrücken davon
schwärmen hören! mit: Als wir bei der
Ankunft am Sonntag aus den klimatisierten Wagen stiegen, waren wir überwältigt
von Licht, Hitze und gleissender Sonne. Wir standen
mitten in der langen Schönwetterperiode dieses ausserordentlichen
Sommers. Tagestemperaturen bis 38° am Schatten forderten zwar unsere Anpassungsfähigkeit
heraus, brachten aber geradezu traumhafte thermische Verhältnisse auch in
den Südalpen über den ganzen Zeitraum. Man wurde fast überall nach oben getragen,
mühelos wie nie zuvor. Die meist ausgiebigen Flüge spielten sich im Normalfall
in Höhen zwischen 3000 und 4500 Metern ab. Flugzeiten zwischen 5 und 7 ½ Stunden
und OLC-Distanzen von 500- über 600 km waren fast Routine. Nur
einzelne Beispiele können dafür stehen:
Zuletzt noch dem 4L die Flügel anstecken
und dann alle Flugzeuge in die Startlinie stellen (Richtung Süden)
- Markus Meier ist begeistert von seinem
Flug mit der LS6/4L: rund 554 km fräst er ab mit Spitzen von über 200 km/h
und Einzelstrecken von z.B. 10 Minuten mit 170 km/h im Mittel, 6 Minuten mit
181 km/h und so fort."Es ist "gelaufen
wie verrückt", meint er strahlend, und rühmt das Klappenflugzeug (eben
die Rennklasse).
-
- Ebenfalls an diesem Samstag melden
sich am Abend überraschend Dieter Mühlethaler und
Fredy mit der ASH 25 KK am Funk. Sie kommen nonstop
aus dem Birrfeld. Am Sonntag legen sie den Rückweg in nur 4 Stunden zurück.
-
Zur
guten Vorbereitung gehört auch eine Sitzprobe (im BE)
Diese Geste begleitet wohl eine wichtige Weisung des Sportchefs
Zwei
Vielflieger und erfolgreiche Piloten warten noch etwas mit
Einsteigen. Links Blick nach Süden.
Auf
dem rechten Bild über den Hangars das Bergstädtchen Montfort,
Meldepunkt im Downwind. Dahinter der Hausberg Montagne
de Lure, 1826m.
Erst in den drei letzten Flugtagen
(Mittwoch bis Freitag der zweiten Woche) stellte die Meteo
um auf gewitterhaft und die Flüge wurden im Durchschnitt kürzer. Aber wenn
es ringsum zu blitzen beginnt und die Böen
an den Flügeln rütteln, umfliegen nur noch die gewiegtesten
Piloten die Störungszone grossräumig, die andern
ziehen eine rasche Landung vor.
Ja,
der Duodiscus: Der war in der ersten Woche am Klippeneck-Wettbewerb,
in dessen Verlauf ein anderes Exemplar dieses Typs ein 4m langes Stück des
Außenflügels verlor. Die 2 Piloten retteten sich mit dem Fallschirm und die
Bundesanstalt für Flugunfall-Unterersuchung stellte eine fehlerhafte Verklebung
als Unfallursache fest. Sie verordnete ein Grounding, von dem auch unser 2L betroffen war.
Es
folgten Telefonate mit dem Hersteller, eine Nacht- und Nebelaktion zur Beschaffung
der Technischen Unterlagen im Birrfeld, dann die Zuführung unseres Duos zu
einem Lufttechnischen Betrieb, der nach Weisungen des LBA
die fraglichen Stellen überprüfte. Alles war OK, und unser 2L nahm noch am
letzten Wettbewerbstag auf dem Klippeneck wieder teil, bevor der Vogel am
Sonntag früh hinter
Und wir sind so viel geflogen wie noch nie, wie
ein Blick auf die Startliste zeigt: total 289:10 Stunden mit den 7 SGL-Flugzeugen. Ein Flugzeug war pro Tag im Durchschnitt über
3:45 Stunden in der Luft. Dazu kommen
der Nimbus 4DM von Daniel und Walter, sowie Max Brauchli mit seiner LS8 XB. Max stiess in der 2. Woche zu
uns und flog dann die Woche darauf noch den Wettbewerb des BFK.
Wie
immer fühlten wir uns im Centre National de Vol à Voile willkommen und zuvorkommend
bedient. Der Schleppbetrieb auf den komfortablen Hartbelagstreifen verlief
reibungslos, trotz starker Belegung des Platzes. Als der BE mit einem platten Hauptrad am Boden
blieb, konnten wir den Rumpf umgehend in die Werkstatt bringen. Am nächsten
Morgen war der Schlauch ersetzt, das Rad wieder eingebaut und das Flugzeug
wieder startbereit. Auch unsere Sauerstoff-Flaschen wurden immer wieder aufgefüllt.
Es wäre übrigens unbedingt nötig, dass jedes Flugzeug über eine komplette
Sauerstoffanlage verfügt, damit niemand mehr ohne starten muss in einer Region,
wo mit Leichtigkeit grosse Höhen erreicht werden können. Schon ab etwa 2500m hilft Sauerstoff ganz entscheidend,
Wachsamkeit und Fitness zu erhalten. Man fühlt sich einfach besser!
Lagerchef und Chefkoch in einer Person,
muss Pierre zügig demontieren, wenn das Nachtessen rechtzeitig parat sein
soll.
Aber Felix wird die Riesensteaks fein
grillieren.
Dann
gibt es noch die Tower-Geschichten: Jeden Abend, nach Ende unseres Flugbetriebes,
stieg ich auf den Turm um beim diensthabenden Flugleiter
die Startliste zu kontrollieren (sie wird über Funk aufgenommen und nicht
direkt am Start beim Flugzeug). Gleichzeitig konnte ich unsere Flugzeiten
herausschreiben. In der 2. Woche löste mich Walter Zahnd
in dieser Aufgabe ab. Er weiss zu berichten: "An einem Tag hatten wir
so starken Ostwind, dass auch die Mistralpiste nicht gefragt war. Teilweise
musste direkt über Montfort eingedreht werden mit
Kurs direkt auf den Tower. Die beiden Personen im Tower instruierten die Piloten
bis ins Detail (Klappen, Geschwindigkeit, Bremsen) bis zum Stillstand auf
der Piste. Nach meiner Landung quer zur Piste begab ich mich in den Tower
und konnte die beiden Controller beim Schwitzen beobachten. Das war ein interessantes
Erlebnis."
Am ersten Samstag war eine junge Aushilfskraft Flugdienstleiterin.
Am morgendlichen Briefing waren die Piloten gebeten worden, bis spätestens
19 Uhr zu landen. Verständlich, war es doch Wochenende. Als ich kurz nach
19 Uhr hinaufstieg, sass die temperamentvolle Französin mit ihrem Freund in der
heissen Glaskanzel. Sie hatte den
ganzen Tag über kompetent ihren Dienst
getan, wer sich am Funk anmeldete, wurde sogar mit einem "bienvenue" (Willkommen) begrüsst.
Aber jetzt begann sie sichtlich unzufrieden zu werden, weil noch einige Flugzeuge
in der Luft waren. Begreiflich bei diesen irrsinnig guten Bedingungen, die
grosse Streckenflüge begünstigten. Zunächst fragte sie mich, ob WB (Alois
Bissig) zu meiner Gruppe gehöre. Das konnte ich verneinen. Aber 2 oder 3 SGLer
waren noch nicht zurück und auch nicht erreichbar, als die Flugleiterin ihnen
die sofortige Landung befehlen wollte. Da bekam ich Schelte: Sie sei gar nicht
zufrieden mit meinen Leuten, sie sei jetzt seit 10 Uhr morgens ununterbrochen
da. "Ce n'est pas
gentil!", das sei nicht nett. Schliesslich meldete sich Wisi
(Alois Bissig) aus seinem Nimbus 4DM, er werde in einer Stunde landen! Die
Aufforderung, dies sofort zu tun, quittierte er mit einer schweizerdeutschen
Erklärung, er sei an einem 1000er Flug (den er natürlich beenden möchte).
Die Dame versteht nichts. Ich versuche zu vermitteln, aber sie verwirft die
Hände, greift zum Telefon, bespricht sich kurz mit einer höheren Stelle und
erklärt dann, sie mache jetzt den Turm zu, die andern sollen einfach landen
und ich die Landezeiten ins Fluglehrerbüro eintragen gehen (von dem ich wusste,
dass es um diese Zeit verschlossen ist). Ich greife noch zum Mikrofon, um
Wisi, der bereits einen Abbruch des Fluges erwogen
hatte, zu sagen, dass er ruhig seinen 1000er fertig machen und mir die Landezeit
am Funk melden solle. Dann wurde der Turm geräumt und die Türe abgeschlossen.
St-Auban
wäre nicht, was es uns bedeutet, ohne das Lagerleben. Man verbringt die 2
Wochen wirklich gemeinsam in lockerer Ferienatmosphäre. Jeder trägt spontan
und unkompliziert zum Gelingen bei. Natürlich ist der Tageslauf geregelt.
Um 8 Uhr gibt es Frühstück im Freien mit frischen baguettes
aus dem nahen Dorf und allen Herrlichkeiten, die dazu gehören. Um 10 Uhr begibt
man sich zum Meteo-Briefing, nachher folgt unsere
Gruppenbesprechung unter der Leitung von Pierre. Die Sicherheitaspekte
werden von
So
freuen wir uns bereits auf den nächsten Sommer und danken den Organisatoren,
unseren Kochkünstlern, aber auch jedem Einzelnen, der zum Gelingen beigetragen
hat, sowie dem Vorstand für die Zuteilung des Flugmaterials, von dem wir guten
Gebrauch gemacht haben.
Boh.
(Fotos CNVV, P. Béguin, W. Zahnd)
Nach den Flügen: Rückkehr ins Camp,
durstlöschen und entspannen