St-Auban Frühlingslager 2005 (17.-23. April)

 

        Die meteorologischen Begleitumstände beim Aufbruch ins Lager an jenem Aprilsonntag werden wir so schnell nicht wieder vergessen!

 

Was dieses Bild von der Einfahrt auf die Autobahn in Allonzier-la Caille nicht vermuten lässt: Da hatten wir das Schlimmste schon hinter uns! In der Westschweiz und im angrenzenden Frankreich waren Unmengen von Schnee gefallen. Die Waadtländer Polizei hatte geraten, zu Hause zu bleiben. In höheren Lagen waren auf der Autobahn nur noch auf der Überholspur (!) zwei Spurrillen knapp schneefrei. Auf der Umfahrung von Lausanne schlich man auch dort noch stellenweise über festgefahrenes Eis. Einmal auf der französischen Autoroute, hatten wir wenigstens wieder sicheren Asphalt unter den Rädern. In Grenoble wagten wir es nicht, die direkte Route über den 1100 m hohen Col de la Croix Haute zu nehmen und wählten den 200 km längeren Umweg über das Rhonetal. Erst vor Valence wurde die Landschaft endlich grün. Über Avignon und Aix-en-Provence erreichten wir schliesslich um 21.10 Uhr St-Auban.


 

 

 

Schon der Montag zeigte sich freundlicher, als wir uns am Frühstückstisch einfanden. Und in der so veränderten und doch vertrauten Umgebung steht das Stimmungsbarometer schon auf der Höchstmarke.

 

 

 

 

 

9.45 h: Im Grossen Auditorium erläutert Yannick Gendron die Meteo.


 

 

Am Montagmorgen stellte sich uns Olivier Darroze als Gruppeninstruktor vor, ein Glücksfall! Zu uns vier gesellte sich noch Roland Burgermeister aus Genf, der mit seiner LS 6-18 in Montricher fliegt, und wir bildeten eine Fünfergruppe von Deutsch- und Welschschweizern, die die ganze Woche zusammenhielt. An den Abenden gingen wir jeweils gemeinsam essen.  Die lebhaften Gespräche in der Runde liefen auf Französisch, Schweizerdeutsch und … Englisch!

 

Jeden Morgen, nach dem allgemeinen Meteobriefing, trafen wir uns im engen Büro von Olivier. Er ist erst 30, fliegt seit dem 15. Lebensjahr und gehört ausser dem Instruktionskorps des CNVV auch der französischen Nationalmannschaft an. Er scheint so gut wie alles zu kennen und zu können, wie wir dann auch auf den Flügen mit ihm merkten.

 

In seinen morgendlichen Lektionen  besprach er jeweils während 1 – 1 ½ Stunden, was für das sichere und Erfolg versprechende Fliegen am Nachmittag unter den gegebenen Wetterverhältnissen nötig war. Nachdem wir schon am Dienstag in den Wellen flogen, entwickelte er an der Wandtafel souverän die ganze Wellentheorie inklusive Hutwolken, Rotorwolken, Föhnloch, Wellenlänge und Flugtaktik. Das erhellte die Erlebnisse vom Vortag und  am Mittwochnachmittag bot sich Gelegenheit, das Gehörte vom Morgen in der Luft zu erproben: es funktionierte! So folgte der Theorie jeweils unmittelbar die Praxis, und die Woche gestaltete sich zu einem richtigen Saison-Einführungskurs und Segelflieger-WK!

 

 

Die ganze Gruppe (ausser dem Fotografen) …                                       folgt aufmerksam den Erklärungen von Olivier (inkl. der Fotograf!).

 

Am Montagnachmittag mussten wir zuerst nach den neuen CNVV-Vorschriften an den Flügelvorderkanten und Rumpfnasen unserer beiden Flugzeuge Folien in fluoreszierendem Orange aufkleben. (Bitte nicht abreissen !!! Wir brauchen sie ja wieder im Sommerlager, und so wüst sieht es auch wieder nicht aus!) Die Tiefdruckrinne hatte sich noch nicht vor dem atlantischen Hochdruckausläufer zurückgezogen, und so waren nachher bei sehr schwachen Aufwinden nur kleinere Flüge möglich. Olivier und Pierre, die gerne etwas weiter geflogen wären, machten gar einen "Absaufer" in Sisteron. Walter Christen konnte sich mit dem 8L lokal immerhin etwas über 2 Stunden halten.

 

 

 

 

 

Pierre macht das 8L bereit. Sogar die Nase hat einen orangen Kleber bekommen.

 

Ist das nicht gar noch hübsch?

 

Der  Dienstag war mit Nord-Nordwestwind viel versprechend mit grösseren Flügen im Rayon Parcours-Guillaume-Bure. Ich erlebte den Nachmittag mit Olivier im Duo und wollte die Gelegenheit benützen, ein paar Luftaufnahmen zu machen. Während ich flog, hatte ich Olivier die Kamera zur Aufbewahrung gegeben. Doch bald machte es hinter mir dauernd "klick, klick, klick"!

 

 

 

 

 

Über der Serre de Montdenier: Blick nach Süden auf den lac de Ste-Croix


 

 

 

 

 

 

Ausflug über den Cañon du Verdon. Gut sichtbar ist die rechtsufrige Panoramastrasse Moustier-Ste-Marie – Castellane.

 

Im Hintergrund quer noch die Wasserfläche des lac de Ste-Croix.


    

 

 

 

 

 

 

Blick nach Nordosten. Rechts der Chiran (1905 m, nördlicher Parallelzug zur Serre)


 

 

 

Auf dem "parcours du combattant" geht es nordwärts.

Anflug auf das Cheval Blanc (2323 m)


 

 

 

 

 

Der Gipfel des Cheval Blanc ist passiert. Im Mittelgrund kommen Carton (links) und Denjuan ins Bild. Links hinten erheben sich über der Krete des Carton die Trois Evêchés (2961 m)


 

 

 

 

Wir nähern uns der Tête de l'Estrop, die sich aber mit ihren 2962 m in den Wolken befindet.

 

Über den kleinen Passeinschnitt links wird es nicht reichen, wir müssen um den Vorgipfel links aussen herumkurven.


 

 

 

 

 

 

Da sind wir schon. Und der weitere Weg ist vorgezeichnet: Rechts eindrehen, eng der Wand entlang steigen und alles der Krete nach. Man sieht ja praktisch schon über die Montagne de la Blanche bis zur Dormillouse!


 

 

 

 

Dicht nach der Kante wieder eindrehen. Da werfe ich gerne einen Blick auf die Flügelspitze!


 

 

 

 

 

 

Über der Dormillouse erscheint dann rechts das Tal der Ubaye. Im Talboden nicht sichtbar liegt Barcelonnette.


 

 

 

 

 

 

Und bereits steigen wir am Guillaume. Nach West-Südwesten füllt der langgestreckte lac de Serre-Ponçon das Tal der Durance.


 

 

 

 

 

 

 

Von da sind wir gekommen. Blick zurück zum Morgon (2327 m). In der zweiten Kette, etwas von Wolken verdeckt, Dormillouse (2505 m). Schräg rechts dahinter ist sogar der Blayeul (2189 m) erkennbar.

 

 

Nach der Traversierung Morgon-Guillaume wollte Olivier mit mir unbedingt noch die Wellensituation am Bure erkunden. Während ich ständig auf Gap-Tallard schielte, kurbelte er uns hinter der Tête de Clappe aus scheinbar aussichtsloser Lage langsam empor. Entlang einer rotorgenerierten Wolkenwand fanden wir laminare Strömung und glitten langsam über das Wolkenmeer auf 4000m bei schon tief stehender Sonne und -15°. Bevor uns die Kälte ganz durchdrungen hatte, durfte ich abtauchen durch das Wolkenloch Richtung Gap und geradewegs St-Auban ansteuern.

 

 

 

 

 

 

 

Entlang der Rotorwolke gehts endlich ruhig aufwärts.


 

 

 

 

 

 

Nordostflanke des Pic de Bure. Ist das nun die "Hutwolke"? Jedenfalls steht unsere Welle etwas weiter nordöstlich.


 

 

 

 

 

 

Bald erreichen wir 4000 m - unser Tagesziel …


 

 

 

 

 

 

… bei schon tief stehender Sonne.


 

 

 

 

 

Es hat noch Löcher, durch die man unter die Wolkendecke schlüpfen kann. Hier der Cuchon (1903 m) und dahinter in der Tiefe Gap.


 

 

 

 

 

Auf dem direkten Rückflug an Gap-Tallard vorbei grüssen uns die sichelförmige Céuse (2016 m) und darüber weg nochmals der Pic de Bure (2709 m).


 

 

Am Mittwoch blies der NW-Wind noch stärker. Am Boden waren es gut 20 Knoten mit Böenspitzen bis 35 Knoten. Da stieg man fantastisch über Les Mées, wurde aber auch sofort weit nach SW versetzt, und gegen diesen Wind wurde ein Zurückfliegen schwierig. Also versuchte man es besser gegen Norden. Leider ging in meinem 8L das ELT ständig los, und ich musste dauernd "reseten".  Nach 2 Stunden forderte mich Olivier am Funk zur Landung auf, das unbotmässige ELT störte zu stark. Wie immer bei diesem Wind, ist die Landevolte spektakulär: Auf dem langen, aber bei dieser Rückenwindkomponente sehr schnellen Gegenanflug fast 45° gegen Westen vorhalten, bei Montfort rasch die Landemeldung absetzen, denn gleich kommt die Basiskurve, über der südlichen Feldspitze, noch hoch, eng in den Final kurven, Luftbremsen ausfahren und den 18m-Vogel auf die Nase drücken um im Gegenwind auf gut 130 km/h IAS zu bleiben, in Bodennähe flachziehen und schliesslich butterweich aufsetzen. Am Boden schaltete ich die rebellische "balise de détresse" (Notsender) ab und baute sie aus. Für Walter Christen war es aber ein grosser Tag. Im Duo mit Olivier machte er nach einem längeren Flug Richtung Norden einen Abstecher nach Avignon. Die beiden waren noch um 18.45 in der Nähe der Päpstestadt, um Dreiviertelstunden später wieder in St-Auban zu landen.

 

 

 

 

 

 

 

Roland Burgermeister bringt seine LS 6-18m im Schlepp eines "Mule" zum Start.


 

 

 

 

Diese Kawasaki-Mule (Maulesel) haben es uns angetan. Sie sind praktisch und ungemein einfach zu fahren.


 

 

 

 

 

 

Am Abend haben unsere beiden Flugzeuge Platz in einem der riesigen Hangars. Noch sind nicht alle gelandet und wir warten auf…


 

 

 

 

 

… den Duo mit Walter und Olivier. Sie treffen erst ein, als der Hangar schon einen grossen Schatten auf das Vorfeld wirft.


 

 

 

Am Donnerstag war endlich der Hochdruckkeil da und es stellte sich Brise ein. Der Himmel war mit grossen dunklen Cumuli bald nur so übersät, die überall Aufwind versprachen. Wir wurden aber angewiesen, hoch zu bleiben, über den Kreten, da die Luft in den Tälern mit den schneebedeckten Berghängen noch kalt war und man aus der Tiefe den Anschluss nicht mehr finden könnte. Es reichte zu längeren und schönen Flügen über dem immer noch blendend weissen Voralpenrelief. Leider musste ich nach der ersten Stunde auf der Heimbasis zwischenlanden, da die Pedalverstellung sich im Fluge völlig verklemmt hatte und ich das Seitensteuer nur noch langgereckt mit den Fussspitzen bedienen konnte. Drei Mechaniker hatten das Problem mit Fettpinsel und WD 40 aber rasch behoben. Ich konnte wieder starten, fortan die Spiralen präzise und elegant angehen und trotz der fortgeschrittenen Zeit noch einen schönen 200 km-Flug realisieren.

 

 

 

 

 

Hier wartet das 4L …


 

 

 

 

 

 

… und hier warten 5 Schleppflugzeuge…


 

 

 

 

 

 

… während wir noch beim Mittagsimbiss sitzen.


 

 

 

 

 

 

Aber jetzt ist es Zeit zum Starten.


 

 

Die Wetterlage war am Freitag ähnlich. Es gab nochmals schöne Flüge. Walter Christen nutzte erneut die Möglichkeit zu einer Tour mit Olivier und war trotz seiner grossen Erfahrung auf dem Nimbus 4 begeistert, wie tief unten an der Glandasse man wieder Höhe holen kann.

 

 

 

 

 

 

Der letzte schöne Tag.


 

 

 

 

 

 

Und nochmals ein Himmel, der das Segelfliegerherz höher schlagen lässt.


 

 

Auf den Samstag und für das Wochenende war eine Kaltfront mit Regen vorausgesagt, absolut nicht fliegbar. Darum beschlossen wir, einen Tag früher heimzukehren und versorgten am Samstagabend Flugzeuge und Material wieder in den Boxen im Birrfeld.

 

Wir danken allen aus der Gruppe, die uns durch ihr Wohlwollen und Entgegenkommen diesen tollen Frühlingskurs ermöglicht haben.

                                                                                                                                                   

                                                                                                                                                                  9.5.2005  W. Boh.

 

FIN / ENDE