St-Auban - Frühlingslager 2006 (16. - 23. April)
Alpenfliegerei im Süden! Alles was das Segelfliegerherz höher schlagen lässt, ist auf dem Bild: Gipfel, Gletscher, schöne Wölklein.
Der markante Zahn rechts der Bildmitte ist der Dôme de Neige in der Barre des Ecrins, mit 4102 m der erste Viertausender, 100 km nördlich des Platzes. Bis zum Meer sind es 160 km.
Der Gletscher links mit dem steilen Eisabbruch ist der glacier du Casset, der rechts, gleich vor dem Flügel, mit dem weiten Firnbecken, der glacier d'Arsine. Die Gegend ist voll von Skigebieten mit Liftanlagen.
Aufnahme aus dem 2L auf 3700 m, über Le Casset, ca. 18 km NW von Briançon, am 22.4.2006.
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Kurzbericht und Bilderbogen (Boh.)
Im Gegensatz zum letzten Jahr pflügten wir heuer auf der Hinreise nicht durch Schneemassen. War der Ostermorgen bei uns noch leicht regnerisch, klarte der Himmel immer mehr auf und der Süden empfing uns mit seinem strahlenden Licht und schon angenehmer Wärme. Und die ganze Woche hindurch standen die begehrten Cumuli am Himmel für uns in Massen parat und machten jeden Tag zum idealen Flugtag.
Als Instruktor war uns Roger Eyrier zugeteilt, der dauernd gute Laune verströmte und immer zum Lachen bereit war. Am Montag nahm er Daniel Fehlmann, der neu bei uns war, zu einem Einführungsflug mit – von Checkflug kann man bei Dani kaum reden, er kanns ohnehin, und Roger war auch entsprechend zufrieden! Daniel war also sofort in St-Auban flügge, zuhause, und die ganze Woche begeistert.
Die restlichen Tage hatte Roger immer den Vordersitz in seinem Admirals-Duo für einen von uns "Suisses" zur Verfügung und wir profitierten entsprechend. Wir versuchten zu zeigen, was wir schon konnten und kannten. Die Devise war: "Du fliegst, und ich greife erst ein, wenn’s nicht mehr geht." Dabei vereinbarten wir durchaus Ziele und aus dem Hintersitz kamen Hinweise für die zu befolgende Route. Manchmal konnte Rogers Optimismus auch zu gross sein, wie am Freitag, als wir vom Pic de Bure aus die lange Traversierung quer über den Col de Bayard Richtung Piolit in Angriff nahmen, mit dem Briançonnais als Ziel. Als wir schliesslich den Piolit schon etwas tief erreichten, wollte die tiefschwarze, weit ausgebreitete Wolkenunterseite davor einfach nichts mehr hergeben. Wir mussten abdrehen an die Sonne hinaus und über dem Colombis und weiter Richtung Gap-Tallard unser Glück versuchen. Dieses wollte uns einfach nicht hold sein. Entsprechend begann im Hintersitz ein – durchaus nicht vehementes – Gefluche: "Merde, putain!" Was nun folgte, war hohe Kunst. Bereits in Funkkontakt mit Gap-Tallard, begann Roger am Osthang nahe des Platzes tief unten in feinen, agilen Schlangenlinien zu suchen, bis er plötzlich über felsigem, leicht gegen den Hang geneigten Gelände den gewünschten, wenn auch noch schwachen Schlauch ausgegraben hatte! Une pompe de contre-pente! Unsereins hätte sich schon lange beim nahen Platz zur Landung gemeldet und wäre in den Abkreisraum eingeflogen.
Nach einem Super-Flug mit dem LS 6 am Dienstag knickte bei der Landung das Fahrwerk ein. In dieser Woche betrieb gleichzeitig auf dem Platz die französische Luftwaffe mit Offiziersschülern beiderlei Geschlechts intensiv Segelflugschulung. Dies gehöre zu ihrem Ausbildungsprogramm, sagten die jungen Leute. Man denke sich das in der Schweiz! Segelfluganhänger und gar der Rumpf einer Super-Dimona trugen in grossen Lettern die Aufschrift "Armée de l'air". Die beiden Armee-eigenen Schleppflugzeuge (!) waren mit der blau-weiss-roten Kokarde gekennzeichnet. Nach der Bauchlandung strömten sofort eine Handvoll angehender Luftwaffenoffiziere in ihren eleganten dunkel-olivfarbenen Overalls herbei, trugen das 4L sorgfältig zur Seite und versorgten das Flugzeug im Handumdrehen im herbeigebrachten Anhänger. Gerne bestätigte ich ihnen, dass die Armee tatsächlich zu etwas nütze sei. Vive la France!
Unsere beiden Birrfelder Mechaniker, Daniel und Fredy Fehlmann, demontierten das Fahrwerk, und es kam eine entlang vorbestandenen Rissen gebrochene Antriebsachse zum Vorschein. Das Original-Ersatzteil vom französischen LS-Vertreter traf am übernächsten Tag ein. Beim Einbauversuch zeigte sich jedoch, dass die Gegenstücke bei früheren Reparaturen Veränderungen erfahren hatten und nicht mehr passten. Zurück im Birrfeld, konnte dann aber Daniel die Sache in Ordnung bringen, und das 4L für die anschliessende RM wieder flugtüchtig machen.
Mit immer noch 3 Sitzplätzen im 2L und im Duo von Roger konnten wir aber weiter fliegen und die guten Bedingungen nützen. Besonders eindrücklich gleisste dieses Jahr in der Sonne die noch tief verschneite hochalpine Landschaft des Ecrins-Massivs mit dem ersten Viertausender, 100 km nördlich des Platzes. Die Plafonds waren hoch genug, und unser Flugrayon reichte von Vinon im Süden zum Col de Rousset im Westen, wo sich der Blick ins Rhonetal öffnete, und zum Col du Lautaret im Norden. Wiederum begeisterte uns die grosse landschaftliche und fliegerische Vielfalt dieses Gebietes.
Doch nun die Bilder… (von P. Béguin und W. Boh.)
Wer unsere Reisegepflogenheiten kennt, situiert das Bild sofort:
Erste Rast in Frankreich in Clelles, im Garten des Hotel Ferrat, der diesmal im April schon offen ist.
Wir sind in der Dauphiné, zwischen Grenoble und dem col de la Croix Haute. Im Hintergrund der Mont Aiguille, ein äusserst markanter Kletterberg. Er steht etwas vor dem dahinterliegenden plateau du Vercors. Dieses wilde Hochplateau erlangte im 2. Weltkrieg traurige Berühmtheit. Im Juni und Juli 1944 leisteten dort 3500 französische Résistants den Deutschen Widerstand, die das "Nest" ausnehmen wollten. Der ungleiche Kampf endete mit blutigen Repressalien.
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Gruppen-Fotopose an der gleichen Stelle, aber mit Blick gegen Osten in die Alpen.
Rechts in den Wolken der Obiou (2790 m). Im Mittelgrund zieht die Passstrasse von links nach rechts gegen Süden. |
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Und weiter gehts! Kurven hat es schon, sogar viele. Aber diese wichtige Nord-Süd-Achse von Grenoble nach Sisteron ist gut ausgebaut, und wir treffen an diesem Ostertag erstaunlich wenig Verkehr an.
Rätsel: Was ragt da rot-weiss am oberen Rand ins Bild? … (Die Schweizer Autobahnvignette 06.) |
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Und wie schön ist erst das Reisen, wenn ein junges Talent am Steuer sitzt, das mit Begeisterung Citroën fährt! Da spürt man ja kaum, dass hinten dran der schwere Duo hängt. |
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An Ende dieses Einschnittes erwartet uns die Passhöhe auf 1100m.
Dort ändert sich das Bild schlagartig. Der Wald verschwindet, und eine Alpweiden-Landschaft öffnet sich nach Süden. |
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Nun sind wir im Durance-Tal angelangt.
Vor der Einfahrt zum letzten Stücklein Autobahn grüsst die Zitadelle von Sisteron, eine historische Talsperre. |
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Zur Infrastruktur des Segelflugzentrums gehören auch einfache, aber komfortable Zimmer. Und an der Bar kann man das Frühstück beziehen. Mit Genuss verzehren wir am ersten Morgen frische Baguettes und sind damit auch kulinarich in die vertraute französische Ambiance eingetaucht. |
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Einsteigen zum ersten Flug. |
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Im Schlepp über dem Durance-Tal, Blick nach Süden. Das vertraute Bild. |
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Nach der Linkskurve Bilck nach Norden auf den Platz. Deutlich zu sehen ist der bewaldete Abhang zur Durance hinunter. Diese fliesst nach links unten im Bild. Rechts neben dem Platz am Durance-Ufer das grosse Areal eines Chemiewerkes. Dort unten liegt auch der Bahnhof. |
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Schon am ersten Tag fantastisches Flugwetter!
Im Vordergrund der markante Felskopf des Morgon (2327 m). Gegenüber der Mont Guillaume (2552 m). Über ihn oder über die links davon etwas zurückgesetzte Tête de Lucy (2763 m) gelingt der Anschluss nach Norden ins Briançonnais und damit in die Hochalpen. |
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Anflug auf den Pic de Bure (2709 m). Der Himmel beschert uns ziehende dunkle Wolkenunterseiten noch und noch. C'est fumant, aujourd'hui! |
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Auf dem Heimweg grüssen wir noch den Gipfel der Montagne de Lure. Der Hausberg von St-Auban erreicht mit 1826 m locker Rigihöhe.
In der Verlängerung des Grates bildet Richtung Westen am linken Bildrand der Mont Ventoux ( 1909 m) den Horizont. Seine von Winden umbrauste Gipfelregion ist eine praktich vegetationslose Kalksteinwüste.
Bis zu dieser markanten Erhebung sind es rund 40 km. Dahinter liegt – von uns aus gesehen quer – das Rhonetal. |
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Im Queranflug auf Piste sud-écho, also für die Landung Richtung Süden auf der Ostseite des Platzes. |
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Und schon sind wir im Final.
Ausrollziel ist der hintere der beiden Hangars wo der Duo für die Nacht untergebracht ist. |
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Vor dem "atelier sud" ist der Rumpf des Einsitzers umgekehrt aufgebockt. Wir erkunden dessen Innenleben in der Hoffnug, zum Defekt der Fahrwerkmechanik vorzustossen.
Unsere beiden Birrfelder Flugzeugmechaniker haben ihren Werkzeugkoffer dabei. Was uns noch fehlt, leiht uns bereitwillig die hiesige Werkstatt aus. |
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Das ist teuflisch kompliziert. Fredi und Daniel scheinen über das weitere Vorgehen zu beraten. Es gelingt ihnen aber, sich zur defekten Antriebsachse vorzutasten und diese zu demontieren.
Am übernächsten Morgen ist das Original-Ersatzteil da. Aber die Führungshülsen passen nicht mehr drauf; sie waren bei früheren Reparaturen abgeändert worden. Nun kann das Fahrwerk erst im Birrfeld wieder in Ordnung montiert werden.
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Nun ist ein gutes Nachtessen doppelt verdient, hier im "Au Goût du Jour" im benachbarten Château-Arnoux. Vom Tintenfischsalat zum traditionellen Schweinsbraten gibt es hier alles in guter Qualität, aber einfacher Aufmachung. Auf der andern Seite der Küche befindet sich in vornehmster Ambiance das Gourmet-Restaurant mit einer Heerschar von schwarz gekleidetem Bedienungspersonal, das in Aufwand, Sprache und Gestik gediegensten Service à la française zelebriert, natürlich zu entsprechenden Preisen. |
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Und wir fliegen weiter mit dem Doppelsitzer.
Vater und Sohn Fehlmann bei der Vorbereitung.
Blick nach Süden. Das Schleppflugzeug hinter dem Seitenruder des 2L ist eine Jodel der französischen armée de l'air. |
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So ein Flug kann aber auch nach kurzer Zeit in einer Blumenwiese enden…
… wenn nach dem Ausklinken die "pompe" ausbleibt.
Glatte Aussenlandung in einem der beiden "champs de Mallemoisson" zwischen St-Auban und Digne. Blick Richtung Lure. |
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Und hier der erfolgreiche Pilot vor seinem Flugzeug.
Der Berg im Hintergrund ist der Cousson bei Digne, einer der Standard-Aufwind-Lieferanten dieser Gegend. |
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Der Verlad auf dem erhöht liegenden Feldweg war recht knifflig. Man beachte links den Wassergraben! Diesen mussten wir zuerst mit Hilfe eines Brettes überwinden.
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Aber zwei Stunden später startet der Duo wieder. |
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Die ganze Woche über mangelte es nicht an imposanten Wolkenbildern.
Es "dampfte" förmlich und zeitweise lagen die Plafonds hoch. |
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Dann konnte man auch nach Norden ins hochalpine Relief fliegen. Noch tief verschneit, waren diese Hochgebirgslandschaften besonders eindrücklich. |
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Der Kessel von Briançon. Gerade links vor dem Flügelende das Tal von Plampinet, das ziemlich genau nach Norden Richtung Bardonecchia führt. Weiter links geht es zu den cols du Lautaret et du Galibier. Die Eintalung rechts hinter dem Flügelende lässt das Abfallen des Geländes zur Lombardei und nach Turin erahnen. |
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In der Bildmitte ist nun der Einschnitt des col du Galibier (2642 m) erkennbar. Dieser Pass führt nach Norden ins Tal der Maurienne. Die drei markanten Steilpyramiden in der Horizontmitte müssen die Aiguilles d'Arves sein, die hier mit rund 3500 m alles überragen. |
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Und hier müsste man schon einen Preis aussetzen:
Der aufmerksame Leser und Betrachter dieser Serie kennt bereits diesen höchsten Punkt des Ecrins-Massivs und ersten Viertausender, sowie die davorliegenden Gletscher. |
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Blick nach Westen auf dem Rückflug Richtung Guillaume. Von unten grüsst der lang gestreckte Lac de Serre-Ponçon. |
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Es ist Abernd geworden. Die Flugzeuge sind im Hangar versorgt et c'est l'heure de l'apéritif.
An einem der Tische vor dem Logis diskutieren wir die Flüge und schauen Rückblickend nochmals in die Karten. |
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Ende / Fin |